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Die Fragen um Ehescheidung und Wiederheirat im Kontext der Gemeinde sind nicht neu. Was aber in den letzten Jahren vermehrt die Praxis der Ehescheidung in unserem Land und Kontext gefördert hat, ist einerseits die Scheidungsgesetzgebung und andererseits die zunehmende ökonomische Unabhängigkeit der Ehepartner.

Für die Arbeit mit gefährdeten und gescheiterten Ehen ist die biblische Ehetheologie letztgültiger Maßstab. Eine Zusammenfassung dieser biblischen Prinzipien zu Ehescheidung und Wiederheirat findet sich in dem betreffenden Dokument, das vom Ältestenrat der Vereinigung erarbeitet wurde (siehe Richtlinien der Vereinigung der M.B.G. Paraguays zur Frage der Ehescheidung und Wiederheirat).

Wie in vielen anderen ethischen Fragestellungen, so gibt es auch in Bezug auf das biblische Ehekonzept Abweichungen und Verzerrungen als Folge der Sündhaftigkeit des Menschen. Die nun folgenden Richtlinien sollen den Gemeinden helfen, pastoral mit gefährdeten und gescheitern Ehen umzugehen:

  1. In der Arbeit mit gefährdeten und gescheiterten Ehen muss bedacht werden, dass die Ehe vor dem Staat geschlossen wird und daher institutionellen Charakter hat. Die Trauhandlung im Rahmen der Gemeinde ist eine Segnung dieser institutionellen Eheschließung. Darüber hinaus besteht die pastorale Verantwortung der Gemeinde in einer gründlichen vorehelichen Beratung. Geschlossene Ehen sollten außerdem von der Gemeinde pastoral weiter begleitet werden. Aus diesen Gründen sollte die Trauung eines Paares grundsätzlich im Kontext der Gemeinde und unter direkter Mitwirkung ihrer ordinierten Prediger und des Gemeindeleiters erfolgen. Durch die Wahrnehmung dieser pastoralen Verantwortung kann die Gemeinde der Gefährdung der Ehe in der heutigen Zeit entgegenwirken.
  2. Grundsätzlich gilt, dass jeder Zerbruch einer vor Gott geschlossenen Ehe Sünde ist. Das muss in der seelsorgerlichen Beratung gefährdeter Ehen deutlich vermittelt werden. Ebenso deutlich muss bewusstgemacht werden, dass die biblische Antwort auf Sünde Buße und Vergebung ist. Gottes Vergebung schließt Versöhnungsbereitschaft der betreffenden, aneinander schuldig gewordenen Partner mit ein. Die seelsorgerliche Arbeit mit gefährdeten Ehen wird also immer eine Versöhnung und Wiederherstellung der gestörten oder zerstörten Beziehung anstreben.
  3. Wenn sich einer der betroffenen Ehepartner oder beide in der seelsorgerlichen Begleitung und Beratung ihrer gefährdeten Ehebeziehung bewusst biblischen Prinzipien zu Ehe- und Ehescheidung verschließen und nicht bereit sind, in ihrer Erkenntnis zu wachsen und sich durch Gottes Wort und Geist verändern zu lassen, leben sie im bewussten Ungehorsam gegen Gott. Die Gemeinde ist dann dazu aufgefordert, Stellung zu dieser Haltung zu nehmen und als letzte Maßnahme den Gemeindeausschluss zu vollziehen. Eine Hilfe zur Beurteilung solcher Situationen bietet Lawrance Crabb in seinem Buch “In guten wie in bösen Tagen”.
  4. Anders sind die Situationen, in denen es bereits zum Zerbruch der Ehe oder zu Ehescheidung und/oder Wiederheirat gekommen ist und die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Für solchen Fälle empfehlen wir folgende Richtlinien:
    1. Jeder Fall einer zerbrochenen oder geschiedenen Ehe bzw. zweiten Heirat muss als Einzelfall gesehen werden. Es ist eine Situation, in der die biblische Eheordnung unwiederherstellbar verletzt wurde. Daher dürfen diese Fälle niemals als Normal- oder Präzedenzfall gesehen werden, sondern als Ausnahmesituationen, die aber von der Gnade Gottes nicht ausgeschlossen werden können, wenn eine bußfertige Einstellung bei den Betreffenden vorliegt.
    2. Für Ausnahmesituationen gibt es keine allgemeinen Regeln, da die Gründe sehr unterschiedlich und die Motivation und Einstellung der Betreffenden sehr entscheidend sind. So muss beispielsweise eine Ehescheidung bzw. Wiederheirat zweier ungläubiger Partner, die vor ihrer Bekehrung nicht unter dem Einfluss der biblischen Wahrheit gelebt haben, anders beurteilt werden als eine Ehescheidung bzw. Wiederheirat im christlichen Kontext. Außerdem gibt es extreme Gründe für Ehescheidung wie Homosexualität eines Partners, Erfahrungen sexuellen Missbrauches, geistige Erkrankung, Inzucht oder doppelte Eheschließung (Bigamie), die in der Seelsorge berücksichtigt werden müssen. Diese Aufgabe fällt im Einzelfall der Lokalgemeinde zu, wobei die Richtlinien dieses Dokumentes und die Beratung im Rahmen der Vereinigung orientierende Funktion haben sollten.
  5. Grundsätzlich gibt es aus biblischer Perspektive – abgesehen von der umstrittenen Ausnahmeklausel in Matth. 5,32 und 19,6 – kein Recht auf Ehescheidung und Wiederheirat. Daher kommen alle Fragen von Ehescheidung und Wiederheirat unter die Notwendigkeit der Buße und der heilenden Gnade Gottes. Somit stellt sich die Frage nach dem Wesen der Vergebung:
    1. Vergebung ist keine Verharmlosung der Sünde, sondern sagt gerade etwas über die zerstörerische Kraft der Sünde aus. Daher darf Vergebung niemals zur Abschwächung der Ethik missbraucht werden.
    2. Vergebung geht von Gott aus und vollzieht sich im Gemeindekontext.
    3. Grundsätzlich kann Vergebung nicht getrennt werden von der Wiedergutmachung. Das betrifft besonders die Heilung zerbrochener Beziehungen.
    4. Nicht alle Sünden der Vergangenheit ermöglichen völlige Wiedergutmachung und Wiederherstellung des angerichteten Schadens.
    5. Die radikale Ethik Jesu schießt seine radikale Vergebungsbereitschaft mit ein. Biblisch praktizierte Vergebung beinhaltet einen radikalen Bruch mit der belasteten Vergangenheit und befreit zu einem völligen Neuanfang.

(Dieses Dokument wurde vom Ältestenrat der Vereinigung der M.B.G. Paraguays erarbeitet, in „Gemeinde unter dem Kreuz des Südens“ publiziert, mit den Gemeinderäten diskutiert und aufgrund schriftlicher Eingaben und Änderungsvorschlägen im November 2002 auf einer Ältestenratsitzung revidiert. In der gegenwärtigen Form wurde es auf der Delegiertensitzung der M.B.-Gemeinden Paraguays am 2. Februar 2003 angenommen.)