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A. Warum brauchen wir Richtlinien?

Für gesunde Gemeindearbeit ist die Dienstbereitschaft aller Gemeindeglieder grundlegend.

Das Wahlkomitee allein ist mit der Aufgabe überfordert, Mitarbeiter zu berufen. Außerdem kann der ganze Wahlprozess in der Gemeinde leicht eine starre Form annehmen oder mit säkularen, demokratischen Vorgehensweisen verwechselt werden. Auch gibt es immer wieder Fragen bezüglich Stimmenmehrheit, Verwandtschaftsgrad, Prozentsätzen, Auswahl zwischen zwei oder mehr Kandidaten, Fragen bezüglich der Betreuung von Kandidaten, die sich zum Dienst bereit erklärt, aber die Wahl verloren haben. Zum andern ist der Gemeinderat oft darin eingeschränkt, Kandidaten zu suchen und für eine eventuelle Bestätigungswahl vorzubereiten. Und auch die Wahlkomitees bitten immer wieder um Orientierung, sowohl in praktischen Fragen als auch darin, was die Reichweite ihrer Befugnisse betrifft.

Vor diesem Hintergrund hat der Ältestenrat der Vereinigung Richtlinien zusammengetragen, die folgenden Zielen dienen sollen:

  • Wir wollen die Gemeinden ermutigen, Mitarbeiter zu berufen und eine allgemeine Diensthaltung zu fördern.
  • Wahlprozesse sollen in der Gemeinde so gestaltet werden, dass Gottes Berufung und die Gaben des Einzelnen entdeckt und bestätigt werden.
  • Die Strukturen der Gemeindearbeit und der damit verbundenen Dienstposten kann mit Hilfe dieser Leitlinien neu bewertet werden. Notwendige Veränderungsprozesse können in Gang gebracht werden.
  • Den Wahlkomitees der Gemeinden sollen theologische Orientierungshilfen und praktische Hinweise auf die Hand gegeben werden.

B. Der Unterschied zwischen biblischen Leitlinien und kulturell bedingten Strukturen der Gemeindearbeit

Die Bibel spricht von der Gemeinde als dem Leib Christi. In der Gemeinde ist jedes Mitglied berufen, eine Diensthaltung nach dem Vorbild Christi zu verwirklichen. Dabei hat die Gemeindeleitung die Funktion, die Mitglieder der Gemeinde zu ihrem Dienst zuzurüsten, d.h. sie darin anzuleiten und zu fördern.

Diese grundlegenden biblischen Leitlinien wurden und werden in den verschiedenen Kulturen und Zeitepochen sehr unterschiedlich umgesetzt. Die genannten Wesensmerkmale und Ziele der Gemeinde sind zeitlos gültig, aber die Art, wie sie umgesetzt werden, muss ständig neu bewertet und korrigiert werden. Dabei sind folgende Leitlinien hilfreich:

  • Gemeindestrukturen und Statute dienen dem Auftrag der Gemeinde.
  • Gemeindestrukturen und Statute sind immer auch zeit- und kulturbedingt und bedürfen periodischer Erneuerung.
  • Gemeindestrukturen und Statute sind verbindlich, weil sie dem Konsens der Gemeinde entsprechen.
  • Veränderungsprozesse in der Gemeinde müssen sorgfältig vorbereitet und verantwortlich angeleitet werden. Dazu gehört auch die mutige Bereitschaft, bestehende Strukturen entsprechend neuer Erkenntnisse zu verändern.

Bibelstellen zur Vertiefung des Themas: (Mt 20,20-27; Joh 13; Ph 2; Rö 8,13; 12,1; Eph 5,1-2; 1.Kor 12,12-31; Joh 15, 17, 21; 2.Kor 3,3; Eph 4,1113; 1.Petr 2,9-10; 2.Tim 2,2)

C. Biblische Grundkonzepte, die mit Berufung, Leitung und Wahlprozessen zusammenhängen

  1. Berufung
  • Die Berufung eines Menschen zu einem Dienst geht von Gott, dem Schöpfer, Erlöser und Herrn, wobei die geistliche Grundhaltung der Hingabe und des Gehorsams vonseiten der Berufenen entscheidend ist.
  • Da derselbe Geist Gottes sowohl in der Berufung des Einzelnen als auch in der gesamten Gemeinde wirkt, wird die Berufung von der Gemeinde erkannt und bestätigt.
  • Die periodische Erneuerung und Bestätigung einer Berufung ist wichtig, da dadurch das Vertrauen der Gemeinde in die berufenen Mitarbeiter bestätigt wird und sie somit ermutigt werden, ihren Dienst weiter in Verantwortung auszuführen.

Bibelstellen zur Vertiefung des Themas: (Apg 2; Röm 1,5u.6; 1.Kor 1,2u.24; 1.Kor 12u.13; Apg 13; 1.Tim 4,15u.16; Abraham – 1.Mose 15; Elia – 1.Kön 19; Paulus – 2. Thess. 3,1-5; 2.Tim 3,14-17)

  1. Dienst
  • Gottes gnädige Zuwendung und Liebe bewirken im Gläubigen eine Haltung der Dankbarkeit, die in seiner Hingabe und seinem Dienst praktisch zum Ausdruck kommen. Das selbstlose Dienen ist für einen Jünger Jesu nicht eine Möglichkeit, für die man sich je nach Belieben entscheidet, sondern ein Ausdruck seiner Gotteskindschaft.
  • Die Menschwerdung Jesu ist das beste Beispiel für den aufopfernden Dienst seiner Jünger, der in der Fußwaschung symbolisch zum Ausdruck gebracht wird.
  • Dienst im Namen Jesu hat folgende Kennzeichen: Opferbereitschaft, Freude und Freiwilligkeit.
  • Das Ziel des Dienens ist es, Gottes Liebe und seinen Retterwillen durch konkrete Liebeserweise zu vermitteln.
  • Gott belohnt und würdigt den Dienst seiner Kinder. Das geschieht durch die Erfahrung, dass ein erfülltes Leben der Segen einer Diensthaltung ist. Hinzu kommt der Lohn in der Ewigkeit.

Bibelstellen zur Vertiefung des Themas: (Phil 2,5-11; 2.Kor 5,14; Mt 9:13; Mk 10,45; Mt 20,27; Mk 10,45; Rö 12,1; Phil 2,5; Lk 10,37; Mt 19,27-30; Mt 5,7; Mt 10,39; Lk 14,11-14; Lk 17,7-10; Jak 2,17; 1.Joh 3,13-18)

  1. Gaben
  • Geistesgaben oder besondere Fähigkeiten werden jedem Mitglied am Leib Christi nach Gottes Gnade zugeteilt, damit die Gemeinde geistlich erbaut wird. Die Gaben des Geistes sollen entsprechend der Frucht des Geistes, die sich besonders in der Liebe, Demut und Selbstbeherrschung äußert, verwirklicht werden. Kein Mitglied am Leib Christi kann behaupten, keine Gabe zu haben oder alle Gaben zu haben.
  • Das Entdecken und Entwickeln der Gnadengaben ist im Normalfall ein längerer Prozess. Dabei ist die Bereitschaft zum Dienst die entscheidende Voraussetzung. Hinzu kommt, dass man auch dazu bereit ist, sich von den Geschwistern der Gemeinde beraten und korrigieren zu lassen, was die Anwendung der Gaben betrifft. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, dass in der Gemeinde genügend Freiraum geschaffen wird, um sich in der Anwendung von Gaben zu üben.
  • Zu vermeiden sind sowohl extreme Ängste vor der Anwendung von Geistesgaben als auch die Manipulation und der Missbrauch mit Geistesgaben.
  • Das Gebet in Wahlprozessen sowie die Schulung von Mitarbeitern sind wesentliche Faktoren, um gabenorientiertes Dienen in der Gemeinde zu fördern.

Bibelstellen zur Vertiefung des Themas: (Phil 2,5-11; 2.Kor 5,14; Phil 2,5-11; Mt 9:13; Mk 10,45; Mt 20,27; Mk 10,45; Rö 12,1; Phil 2,5; Lk 10,37; Mt 19,27-30; Mt 5,7; Mt 10,39; Lk 14,11-14; Lk 17,7-10; Jak 2,17; 1.Joh 3,13-18)

  1. Leitung und Autorität
  • Gott rüstet Menschen in der Gemeinde mit Autorität aus, damit diese seinen Auftrag erfüllen.
  • Autorität wird einer Person oder einem Team von der Gemeinde im Vertrauen geschenkt und ausgesprochen, um diesen Auftrag zu erfüllen.
  • Autorität in der Gemeinde hängt nicht nur mit dem Wissen und Können eines Menschen ab, sondern vor allem auch von seiner Gottergebenheit, seinem geistlichen Charakter und seiner Liebe zur Gemeinde. Das Vertrauen derjenigen, denen Autorität zugesprochen wird, muss durch ein vorbildliches geistliches Leben, durch eine Haltung der Demut und der Dienstbereitschaft erworben werden.
  • Leitung und Autorität geschehen im gesunden Gleichgewicht von Demut, Aufopferung, Reinheit und Einfühlsamkeit einerseits und Durchsetzungskraft, Gerechtigkeit, Herrschaft und gesunder Machtanwendung andererseits.
  • Am Führungsstil Jesu erkennen wir folgende Prinzipien, die bis heute für die Leitung einer Gemeinde wichtig sind: Leiter führen vorsorgend und fürsorgend, Sie fördern andere durch ihren Dienst und lassen sie bewusst wachsen. Sie sind bereit, sich selbst Gott und anderen zu unterordnen.
  • Man kann nur dann von berechtigter Macht sprechen, wenn diese ein Ausdruck der Liebe und eine Folge des Gehorsams Gott gegenüber ist. Dabei sind die biblischen Gebote und Werte Richtschnur. Sie dürfen auf keinen Fall in der Anwendung von Macht überschritten werden.

Bibelstellen zur Vertiefung des Themas: (Lk 10,19; Offb 2,26; Joh 19,11; Mt 20,25-28; Apg 8, 4-25)

  1. Leitung und Teamarbeit
  • Die Einheit und Verschiedenheit von Vater, Sohn und Heiliger Geist ist das Urbild für gesunde Teamarbeit. Die drei haben verschiedene Funktionen in der Heilsgeschichte, unterordnen sich gegenseitig und fördern jeweils den anderen.
  • Die Vielfalt der Geistesgaben, die Vielseitigkeit der erforderlichen Dienste und die Menge der verschiedenen Glieder an ein und demselben Leib machen Zusammenarbeit nötig und auch möglich.
  • Teamarbeit dient der gegenseitigen Ergänzung. Die letzte Verantwortung und die gesamte Arbeitslast ruhen nicht auf den Schultern einer einzigen Person, sondern einer Gruppe von Personen, die für die Leitung beauftragt sind.
  • Teamarbeit ist eine weise Art der Führung. Christliche Demut erkennt, dass Weisheit und Einsicht ‚in der Menge der Ratgeber ́ zum Tragen kommt. Entscheidungsprozesse und Erkenntnisfindung für spezifische Zeitfragen sind nur tragfähig, wenn sie auf Konsens im Leitungsteam gründen.
  • Teamarbeit dient der Korrektur und beugt dem Machtmissbrauch vor.

Bibelstellen zur Vertiefung des Themas: (Mt 20,26b; 1. Kor. 3, 6-7; 2.Kor 6,1-10)

  1. Diakonie und Ältestenschaft
  • Biblische Ältestenschaft hat mit Gemeindeleitung, Hirtendienst, Aufsicht und Lehre zu tun. Zur Zeit des NTs hatten die Ältesten der Gemeinden folgende Aufgaben: Treue Überlieferung der Lehre, Leitung der Gemeinde, seelsorgerliche Verantwortung (z. B. Gebet für die Kranken) und übergemeindliche Entscheidungen (z. B. beim Apostelkonzil in Apg 15).
  • Diakone sind berufen, den Auftrag und den Dienst der Ältesten zu unterstützen, indem sie für das leibliche und geistliche Wohl der Mitglieder sorgen.

Bibelstellen zur Vertiefung des Themas: (Mt 20,26b; 1. Kor. 3, 6-7; 2.Kor6,1-10; Apg 15; Phil 1,1; Apg 6; 1.Tim 3,1-13; Tit 1,19; Eph 4,11f; Tit 1,5-
9; 1.Petr 5,1-4)

D. Theologische Perspektiven zu Wahlprozessen in der Gemeinde

  1. Eine vierfache Übereinstimmung

In der Bibel kommen eine Anzahl verschiedener Wahl- und Berufungsformen zur Anwendung. Gott beruft direkt auf übernatürliche Art und Weise Leute wie Abraham, Mose und Noah. Könige werden von Propheten gesalbt und vom Volk proklamiert. Propheten berufen Nachfolger und Prophetenschüler. Jesus beruft seine 12 Jünger. Sowohl im Alten Israel als auch bei der Wahl des Matthias wurde das Los zwischen zwei Kandidaten geworfen.

Im Endeffekt lässt sich aber eine vierfache Konstante feststellen: a. Gott beruft zum Dienst in seinem Auftrag.

  1. Der Berufene ist sich des göttlichen Auftrags bewusst und erklärt sich zum Dienst bereit.
  2. Das Volk Gottes beruft und bestätigt den Einzelnen.
  3. Gottes Berufung, Berufung durch die Gemeinde und ein ́Sichberufen-fühlen ́ des Betroffenen müssen zusammen wirken.

Wo eine dieser vier Perspektiven fehlt, ist die Berufung fraglich.

  1. Die Unterscheidung von biblischen und demokratischen Wahlprozessen

Demokratische Wahlprozesse der Gegenwart, wie sie vielfach das Landesgesetz und die Statute für eingetragene Vereine und religiöse Organisationen fordern, lassen sich durchaus in Einklang mit biblischen Grundlagen bringen. Dabei ist allerdings entscheidend, dass der biblische Geist den Ton und die Richtung angibt, und nicht die parlamentarischen Regeln und Prozesse. „Demokratie“ in der Gemeinde
kann nur „Herrschaft des Volkes“ sein, insofern die Gemeinde sich als Volk Gottes versteht und sich unter die Herrschaft des Heiligen Geistes und des Wortes Gottes stellt.

  1. Vorbereitung der Gemeinde, um Gottes Willen zu erkennen

Es ist unverantwortlich, eine Gemeinde ohne die entsprechende Vorbereitung zur Wahl zu bitten oder einen Kandidaten ohne eine entsprechende geistliche Orientierung zu nötigen, ein Amt oder eine Kandidatur anzunehmen.

Biblische Entscheidungsprozesse müssen immer mit Gebet und gesunder Lehre begleitet und vorbereitet werden. Bevor eine Berufung oder Wahl stattfindet, ist es deshalb wichtig, zum Thema Lehrvorträge zu halten und Zeiten des Gebets zu fördern. Es geht nämlich sowohl für die Gemeinde als für den Einzelnen darum, Gottes Willen zu erkennen und Gottes Willen zu tun. Die Wahlprozesse sind ausschließlich Hilfsmittel und Instrumente, um dieses Ziel zu erreichen.

  1. Wählen – bestätigen

Die Praxis hat gezeigt, dass eine Ausscheidungswahl zwischen zwei oder mehr Kandidaten für denselben Posten oft eine beachtliche Menge an Verunsicherung und Unfrieden stiftet. Andererseits ist es von großem Wert, dass Geschwister sich zur Wahl bereitstellen, auch in dem Wissen, dass sie eine Wahl verlieren können. In allen Fällen müssen ehrbare Wege gefunden werden, den Verlierern für ihre Bereitschaft zum Dienst zu danken und ihre Dienstwilligkeit anzuerkennen.

Eine sogenannte Bestätigungswahl ist in vielen Fällen einer Ausscheidungswahl vorzuziehen. In solchen Fällen wird der Kandidat von der Gemeinde oder vom Wahlkomitee bzw. Gemeinderat für einen bestimmten Dienst und Posten gesucht und befragt. Erklärt er sich bereit, wird die Gemeinde um eine Bestätigungswahl gebeten, die dann je nach Reglement mit 50 oder mehr Prozent positiver Stimmen gültig ist.

  1. Persönliche Berufung und Berufung durch die Gemeinde

Jede Gemeinde ist heute mit der Tatsache konfrontiert, dass viele Geschwister eine Berufung zum Dienst außerhalb der Gemeinde und unabhängig von der Gemeinde empfinden und wahrnehmen. Diese Situation ist nicht ideal und hat ihre Wurzeln sowohl in mangelnder Lehre bzw. schwachem Gemeindeverständnis als auch in der Tatsache, dass viele Gemeinden sich sehr schwer tun, spezifische Dienste zu unterstützen und zu begleiten, wie etwa Weltmission, Studentenmission, Medienarbeit, christliche Sozialwerke, Seminare für Ehe und Familie u. a.. Die Erfahrung lehrt, dass eine doppelte Proaktivität hier nötig ist. Zum einen sollten Gemeinden das Blickfeld erweitern und Geschwister begleiten, segnen und beraten, die in übergemeindliche oderaußergemeindliche christliche Dienste gehen wollen. Zum andern sollte das einzelne Gemeindeglied ein tieferes Bewusstsein dafür entfalten, dass seine Heimatgemeinde der Ort ist, wo Berufung zum Dienst erlebt und bestätigt wird.

E. Praktische Leitlinien für die Arbeit des Wahlkomitees

  1. Ist ein Wahlkomitee nötig?

Die Antwort hängt von der Größe und teilweise auch von der Tradition der Gemeinde ab. Da das Wahlkomitee im Normalfall nur bei Wahlperioden in Aktion tritt, kann man auch für die Leitung und Durchführung der Wahl jeweils eine Kommission heraussetzen. Das Wahlkomitee sollte in allen Fällen in Begleitung der Gemeindeleitung und des Predigerrates die Arbeit Berufung und Befragung durchführen. (Siehe im Detail im folgenden Abschnitt.) Am Tage der Wahl übernimmt es die technischen Formalitäten, die eine gerechte, sachliche und nachweisbar unparteiische Wahl garantieren.

  1. Wie kommt man zu den Kandidaten?

Die übliche Praxis, mittels Fragebögen Kandidatenvorschläge aus der Gemeinde zu sammeln, hat einen gewissen geistlichen und demokratischen Wert: Sie nötigt alle Gemeindeglieder, über Dienste und Gaben nachzudenken, und vertieft somit das Bewusstsein aller für die Arbeit, die getan werden soll, und für die Gaben, die benötigt werden. Hinzu kommt die Tatsache, dass jeder von seinem Recht Gebrauch machen darf, an der Besetzung der Leiterposten in der Gemeinde mitzuwirken und seine Wünsche zu bekunden.

Wenn ausschließlich auf Grund der Kandidatenvorschläge gewählt wird, gibt es aber auch ernste Schwierigkeiten: Die Leiter und der Gemeinderat haben oft ein wesentlich zutreffenderes Bild darüber, welche Kandidaten für welche Dienste geeignet sind. Außerdem schlägt die Gemeinde oft entweder solche Kandidaten vor, die bereits im Dienst stehen oder solche, die aus irgendwelchen Gründen eher geneigt sind, Kandidaturen anzunehmen. Und wenn dann noch das Wahlkomitee ausschließlich Kandidaten nach der Rangliste der Stimmen befragt, geht ein wichtiger Freiraum verloren, die geeignetsten Kandidaten zu suchen und zu befragen.

Deshalb sollte der Gemeindeleiter sowie der Prediger-, Diakonen- und Gemeinderat auch befugt sein, Kandidaten vorzuschlagen und auch dieRangordnung und Reihenfolge der Befragung festzulegen. Dies alles muss aber in einem aufbauenden Verfahren und im Geiste des Vertrauens geschehen, damit nicht Geschwister unnötig verunsichert oder verletzt werden. Jede Gemeinde sollte hier eine eigene Regelung diesbezüglich finden.

  1. Wer befragt die Kandidaten? (Gemeinderat oder Wahlkomitee?)

Die Befragung der Kandidaten ist nicht nur eine technische, sondern auch eine seelsorgerliche Aufgabe. Es geht ja darum, geeignete Geschwister zu ermutigen, den Vorschlag der Gemeinde als eine Berufung von Gott zu überprüfen. Es geht in dem Befragungsgespräch auch darum, herauszufinden, welche Gaben der Einzelne empfangen hat, wo er sie einsetzen möchte oder auch mit welchen Hemmungen und Schwierigkeiten er zu kämpfen hat. Je nach Amt, das besetzt werden muss, sollten deshalb Prediger, Diakone und der leitende Pastor bzw. Gemeindeleiter in der Befragung mitwirken. Es ist auch keineswegs abwegig, wenn gewisse Posten in Absprache mit dem Wahlkomitee ausschließlich vom Gemeinderat oder Gemeindeleiter befragt werden.

  1. Zusammenarbeit von Gemeindeleiter, Vorstand, Administration und Wahlkomitee

Alles bisher Gesagte macht deutlich, dass Wahlprozesse entscheidende Momente für das Leben einer Gemeinde sind. Keines der verantwortlichen Organe darf sich von seiner Verantwortung zurückziehen. Keines darf die Wahl allein beschlagnahmen wollen. Es hat sich als hilfreich erwiesen, wenn die Gemeinde einen Administrator hat, der sich sowohl um finanzielle und legale Belange kümmert als auch die Wahlprozesse anleitet oder zumindest begleitet. Bewährt hat sich auch die Praxis, dem Gemeindeleiter viel Raum und Befugnis einzuräumen, ein Mitarbeiterteam zusammenzustellen, das motiviert ist, sich von ihm anleiten zu lassen und offen ist, mit ihm Mentoring und Mitarbeiterschulung zu erleben.

  1. Enthaltungen, Wahlzettel, geheime Wahl, offene Wahl

Die manchmal hohe Anzahl der Enthaltungen kann in Wahlprozessen viel Kummer hervorrufen. Sie ist oft ein Hinweis dafür, dass es viele unentschlossene Geschwister in der Gemeinde gibt, dass die zu Wahlstehenden Kandidaten im Prinzip nicht befriedigen oder dass man seine Unzufriedenheit über eine bestehende Situation auf diesem Wege äußert. Dennoch sollte die Gemeinde ermutigt werden, so wenig wie möglich zu dem Mittel der Enthaltung zu greifen, da diese Praxis Unsicherheit und Unbehagen hervorruft. Enthaltungen sollten am besten genau das sein, was sie sind: ungültige Stimmen, die weder den Verlierern noch den Gewinnern, weder den Ja-Stimmen noch den Nein-Stimmen zuzuordnen sind. Enthaltungen geben eine gewisse Botschaft, sollten aber niemals eine Entscheidung beeinflussen, denn dann sind es nicht mehr wirkliche Enthaltungen!

Wann immer der Vorstand es für geeignet findet, sollte die Wahl geheim durchgeführt werden. Auch Mitglieder der Gemeinde können den Wunsch äußern, gewisse Themen in geheimer Wahl abzustimmen. In solchen Fällen ist es besonders bedeutsam, dass die Wahlzettel entsprechend vorbereitet und zuverlässig ausgezählt werden. Ist die Auszählung einmal abgeschlossen und das Resultat offiziell bekanntgegeben, so wie in den Protokollen festgehalten, ist zu empfehlen, die Wahlzettel zu vernichten. Es ist ratsam, das Wahlergebnis im Anschluss an den Wahlakt bekanntzugeben.

In viel Fragen und Entscheidungen sollte man auch zuversichtlich zur offenen Wahl mit Handaufheben oder Aufstehen greifen, besonders wenn es sich um Bestätigungswahlen handeln.

Im internen Reglement kann jede Gemeinde festlegen, welche Wahlen geheim sein sollten.

  1. Einfache Mehrheit und qualifizierte Mehrheit

Nach den in der westlichen Kultur üblichen Wahlprozessen wird jede Kandidatur und jede Frage normalerweise mit einfacher Stimmenmehrheit entschieden. Das sollte aber in Gemeindeentscheidungen nur eine kleine Rolle spielen. Damit eine Entscheidung wirklich gedeihen kann, ist ein möglichst hoher Konsens in der ganzen Gemeinde erforderlich. Mit der Festlegung von qualifizierten Stimmenmehrheiten muss man aber vorsichtig sein. Zwei Drittel (66%) oder drei Viertel (75%) der Anwesenden mögen erforderlich sein für spezifisch im Statut festgelegte Posten, wie etwa Gemeindeleitung oder Predigerwahl. Legt man einen höheren Prozentsatz als 75% fest, öffnet man Raum für Manipulationen, denn mit Enthaltungen und Nein-Stimmen lassen sich relativ leicht 25% zusammensuchen, um wichtige Entscheidungsprozesse abzublocken. Wichtig allerdings ist bei den Prozentsätzen auch, dass das so genannte Quorum festgelegt wird, d.h. wie viele wahlberechtigte Glieder müssen zugegen/präsent sein, damit eine Wahl gültig ist. Als allgemeine Regel gilt 50% plus eine Stimme beim ersten Aufruf.

  1. Einsetzungs- und Segnungsfeier

Es ist biblisch und empfehlenswert, gewählte Geschwister für einen Dienst zu segnen und auszusenden. Die Form solch einer Feier kann je nach Anlass und Dienst gestaltet werden. Für Prediger- und Diakonordinationen bestehen bereits Formen und Anweisungen im Predigerhandbüchlein und im Dokument des Ältestenrats zur Ordination.