Skip to content Skip to footer

Meine geistliche Pilgerreise

Ein entscheidender Moment in meiner geistlichen Pilgerreise war die Entdeckung, dass wir an einen lebendigen Gott glauben. Ich finde es spannend in der Bibel zu lesen, dass Gott sich uns bekannt machen möchte. Diese dynamische und persönliche Beziehung mit ihm ist möglich durch das Wirken des Heiligen Geistes.

Als ich meine ersten Schritte in der Hingabe an Gott, den Herrn, machte, erwachte in mir eine Sehnsucht, die Kraft des Heiligen Geistes zu erfahren. So habe ich angefangen, an verschieden Kongressen, Kursen und Hauskreisen teilzunehmen, die von Pfingstlergemeinden organisiert wurden. In diesen Treffen konnte ich das „Evangelium der Macht“ kennenlernen, d.h. die Verkündigung des Evangeliums mit „Zeichen und Wundern“. Die Zeugnisse von Wundern, die man in diesen Kreisen hört, sind erstaunlich.

Persönlich habe ich ekstatische Erfahrungen in Kontakt mit der charismatischen Bewegung gemacht. Bei einer Gelegenheit, als ich traurig und frustriert war, habe ich das „Lachen im Geist“ (risa santa) in einem Gottesdienst erlebt. In einer anderen Gelegenheit wo ich, besorgt war, hat ein Freund für mich gebetet und ich wurde von einer Ekstase der Glossolalie (Zungenreden) ergriffen und fing an in vielen unverständlichen Sprachen zu sprechen. Da ich diese Erfahrungen in einem Kontext des Gebets und der Hingabe an Gott gemacht habe, weiß ich bis heute nicht, wie ich sie interpretieren soll.

Nun gut, im Laufe der Zeit, gab es einige lehrmäßige Aspekte, die mir nach und nach immer fragwürdiger erschienen. Es folgen einige Beobachtungen über meine Erfahrung
mit bestimmten charismatischen Gruppen:

• Starke und Dominante Leiterschaft: Die Apostel, Propheten und Pastoren dieser Strömungen sind unbestrittene, erleuchtete/ aufgeklärte Leiter. Die Nachfolger geben den Konzepten, die sie unterrichten, einen Wert der „Offenbarung“. Problem: Das universelle Priestertum der Gläubigen wird ignoriert (1. Kor. 14, 26-32). Die Gemeinde hat die Aufgabe, alle Lehre und Prophezeiung zu prüfen.

• Allegorische Hermeneutik: Viele der neuen Lehren und Enthüllungen/Offenbarungen, die die Leiter empfangen haben, basieren auf einer symbolischen Interpretation der Geschichten und Lehren der Bibel. Man sucht ständig nach einer „verborgenen geistlichen Bedeutung“ im Text. Problem: Die „Sola Scriptura“ (2. Tim. 3,16) wird ignoriert. Wir Christen können auf den historischen und natürlichen Sinn der Bibel vertrauen.

• Mystische Weltanschauung: 
Es wird Wert gelegt auf die Dämonisierung persönlicher und sozialer Probleme, Formeln, um mit generationellen Flüchen zu brechen, geistliche Techniken, um Gaben und Segnungen zu erhalten, usw. Problem: Die relationale und ethische Dimension der christlichen Jüngerschaft (Bergpredigt) wird ignoriert. Segen erhält man durch eine Beziehung des Vertrauens und Gehorsams zum Herrn, und nicht durch geistliche Formeln.

Wie ist meine Position heute? Ich halte mich für offen, aber mit Vorsicht.

Ich glaube an Wunder als „Zeichen“ der souveränen Gnade Gottes mit der Gemeinde und Mission (Mk. 16, 15- 18). Ich glaube auch an die Gültigkeit übernatürlicher Gaben (Heilung, Prophezeiung, Sprachen) für die Erbauung des Volkes Gottes (Jak. 5, 14-16; 1. Kor. 12 und 14). Aber ich bin davon überzeugt, dass unser Fokus nicht auf den spektakulären Erlebnissen sein sollte, sondern darauf, die Mission Gottes zu erfüllen. Der Heilige Geist gewährt Wunder und verteilt Gaben nach seinem Willen.

Was habe ich gelernt? Ich fasse meine Pilgerreise als einen Wechsel von einer “Theologie der Herrlichkeit“ zu einer „Theologie des Kreuzes“ zusammen. Früher konnte ich nur dort das Reich Gottes sehen, wo auch Erfolg und Wohlbefinden zu sehen waren. Heute kann ich das Reich des Himmels auch inmitten von Schmerzen und Schwachheit der Gemeinde sehen (Heb. 11, 32-40).

Nach all diesem habe ich mich endlich mit der täuferischen/ anabaptistischen Spiritualität identifiziert; wegen ihrer Betonung auf den Glauben als Nachfolge Christi, die Gemeinde als eine geistliche und solidarische Gemeinschaft und die Mission als die Suche nach Frieden und Versöhnung.

Leroy Toews
MBG Concordia

Dieser Artikel wurde entnommen aus der Mai-Juni Ausgabe der Zeitschrift Gemeinde unter dem Kreuz des Südens (GuKS) welche herausgegeben wird von der Vereinigung der Mennoniten Brüder Gemeinden Paraguays. HIER können sie die ganze Ausgabe lesen.